20.11.2024

55. KONGRESS DER DGWMP E. V. IN AUGSBURG

Bericht

Vom 14. bis 16. November 2024 fand im Kongresszentrum am Park in Augsburg der 55. Kongress der DGWMP e. V. Die drei Kongresstage standen unter dem Motto:

„Der Sanitätsdienst als Key Enabler der Bündnis- und Landesverteidigung.“

Vor dem Hintergrund der anhaltenden weltweiten Konflikte konnte der Themenschwerpunkt kaum besser gewählt werden. Es galt, die Anforderungen an Forschung, Einsatzbereitschaft und medizinische Versorgung vor dem Hintergrund aktueller sicherheitspolitischer Entwicklungen herauszuarbeiten und zu diskutieren.

Mehr als 350 Teilnehmende fanden den Weg in die Fuggerstadt Augsburg, darunter Expertinnen und Experten aus Österreich, der Schweiz, Ungarn und Norwegen. Sie konnten sich über drei Kongresstage nicht nur intensiv untereinander austauschen, sondern auch in den Dialog mit 55 Ausstellenden der begleitenden Industrieausstellung treten. Der Einsatz robuster Medizintechnik, die Verfügbarkeit geeigneten Verbandmaterials und der Einsatz moderner Pharmaka und Impfstoffe tragen entscheidend dazu bei, das Überleben und die Rehabilitation Verletzter zu ermöglichen. Dies zeigt sich nur zu deutlich im Nahen Osten und in der von Russland überfallenen Ukraine. Umso wichtiger ist es, dass Anwender, Planer und Materialverantwortliche sich aus erster Hand über medizinische Innovationen informieren und austauschen können. Mit dem Kongresszentrum am Park stand hierfür und für alle anderen Teile des umfassenden Kongressprogramms ein hervorragender Rahmen zur Verfügung.

Feierliche Kongresseröffnung

Pünktlich um 10:30 Uhr eröffnete ein musikalisches Entree von Sven Koblischek, der eine Fantasie über das Kirchenlied „Ein feste Burg“ spielte, die Veranstaltung.
Der Tagungspräsident Oberfeldarzt Dr. Dr. André Müllerschön aus dem Sanitätsversorgungszentrum Neubiberg begrüßte die Teilnehmenden im gut besetzten Kongresssaal. Er war wie der wissenschaftliche Leiter des Kongresses, Oberstarzt Prof. Dr. Dirk Steinritz vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr in München, froh, dass es nach monatelanger Vorbereitungsarbeit endlich losging. Die Moderation des Vormittags übernahm Oberstabsarzt Constanze Brückner, die durch das Programm führte und den verschiedenen Rednerinnen und Rednern das Wort übergab.

Grußworte

Für die gastgebende Stadt Augsburg begrüßte der Ordnungsreferent Frank Pintsch, die Teilnehmenden und hieß diese in Augsburg herzlich Willkomme. Er zeigte sich besonders erfreut darüber, dass die Teilnehmenden vor ihm wüssten, dass der Mensch nicht nur aus Körper, sondern ebenso aus Geist und Seele bestehe. Er betonte außerdem, dass Augsburg sich als Friedensstadt verstehe. „Frieden und Freiheit sind nicht selbstverständlich,“ merkte er an und hob die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Verwaltungen hervor. Es brauche finanzielle Ressourcen, um unser Land in den drei hervorzuhebenden Bereichen Infrastruktur, Wissensmanagement und Kontakte weiterzubringen. Abschließend drückte er die Hoffnung aus, dass eine Zusammenarbeit im Ernstfall nicht erforderlich werde, trotzdem sei er „gottfroh, dass wir wissen, dass wir es könnten und, dass wir zusammenstehen, wenn es denn notwendig wird“

Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel, Präsidentin der Universität Augsburg hob in Ihrem Grußwort die Bedeutung der Veranstaltung für die Stadt hervor. „Ich danke Ihnen besonders, dass Sie mit dieser Veranstaltung hier in Augsburg ein Zeichen für die Zukunft und eine wehrhafte Demokratie setzen,“ sagte sie. Zudem betonte sie die Bedeutung der Zusammenarbeit und die Verantwortung, sich den sicherheitspolitischen Herausforderungen der Zukunft bewusst zu stellen.

Kongresseröffnung und Auszeichnungen

Der Präsident der DGWMP e. V., Generalstabsarzt a. D. Dr. Stephan Schoeps, eröffnete den 55. Kongress offiziell und sprach von der Herausforderung, in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die aktuelle sicherheitspolitische Zeitenwende zu schaffen. „Schlachten werden im Feuerkampf gewonnen, aber Kriege mit einem vernünftigen Sanitätsdienst,“ so Schoeps. Traditionell wurden in diesem Rahmen die lehrgangsbesten Offizieranwärterinnen und -anwärter des Jahres ausgezeichnet – Personen, die „im Rahmen des Laufbahnlehrganges als Gesamtpersönlichkeit leistungsmäßig und charakterlich überzeugen und in Haltung und Pflichterfüllung vorbildlich sind.“ Schoeps betonte, dass jede Auszeichnung eigentlich viel mehr Ansporn als Dank sei. Ausgezeichnet wurden aus den Gruppen der

Sanitätsoffizieranwärter
Leutnant SanAO Maria Magdalena Sturm

Offizieranwärter des militärfachlichen Dienstes im Militärmusikdienst der Bundeswehr
Leutnant Stephanie Witte

Offizieranwärter im Truppendienst des Sanitätsdienstes der Bundeswehr
Oberfeldwebel OA Johannes Peter

Verleihung des Paul-Schürmann-Preises 2024

Seit 1968 verleiht die DGWMP e. V. zur Förderung der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der Wehrmedizin alle zwei Jahre den „Paul-Schürmann-Preis“. Ausgezeichnet werden wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der Wehrmedizin und Wehrpharmazie einschließlich relevanter Nebengebiete. Die Arbeiten sind schriftlich einzureichen und werden von einer Kommission begutachtet. Die Qualität der für den diesjährigen Wettbewerb eingereichten Arbeiten war wieder so gut, dass die Bewertungskommission keinen einzelnen Sieger festlegen konnte. Der Paul-Schürmann-Preis 2024 wurde deshalb an drei Teilnehmende zu gleichen Teilen vergeben. Wettbewerbssieger 2024 wurden:

Oberfeldarzt Dr. Daniel Gagiannis und Oberstarzt Prof. Dr. Dr. rer. nat. Konrad Steinestel:
„Klinik, Pathophysiologie und wehrmedizinische Bedeutung des pulmonalen postCOVID-Syndroms“

Oberfeldarzt Prov.-Doz. Dr. Tim Nestler:
„Übertherapie von Lymphadenektomie nach Chemotherapie (pcRPLND) bei metastasierten Hodentumorpatienten – vom relevanten klinischen Problem zu neuer molekularbiologischer Diagnostik“

Oberstabsarzt Dr. Aliona Wöhler:
„LiBoD – Liquid Biopsy in Organ Damage – ExoView small extracellular vesicle chip-based assessment of polytrauma“

Der Präsident der DGWMP e. V. überreichte die Urkunden und Preise. Kurzfassungen der eingereichten Arbeiten werden in der Februarausgabe 2025 der Wehrmedizinischen Monatsschrift (WMM) erscheinen.

Nach der Preisverleihung gab es ein musikalisches Intermezzo, bei dem eine Improvisation einer ukrainischen Volksweise nach Mykola Lyssenko zu hören war.

Festvortrag

Oberstarzt Prof. Dr. Dirk Steinritz leitete auf das Thema des diesjährigen Festvortrags über. Bevor er den Festredner vorstellte, hob er hervor, dass der Begriff „Zeitenwende“ eng mit den Forderungen nach Kriegstüchtigkeit sowie einer gestärkten Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung verbunden sei. Er lenkte den Fokus auf die zentrale Rolle des Sanitätsdienstes im Rahmen der Bündnis- und Landesverteidigung. Mit der medizinischen Versorgung eigener und alliierter Soldaten sei der Sanitätsdienst der Bundeswehr eine wesentliche Kernfähigkeit der Kriegstüchtigkeit. Als entscheidender Key Enabler der Bündnis- und Landesverteidigung sei er Bedarfsdecker für die Forderungen und Erwartungen der NATO, der Bundeswehr sowie der zivilen Seite – vor diesem Hintergrund wurde das Thema des diesjährigen Kongresses gewählt.

Anschließend stellte er den Festredner, Prof. Josef Hecken, vor. Prof. Hecken ist seit Juli 2012 unparteiischer Vorsitzender des gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Die vom G-BA im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags erlassenen Richtlinien zu einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Gesundheitsversorgung sind für Krankenversicherer wie Leistungserbringer bindend.

In seinem Vortrag zu den „Herausforderungen für die Gesundheitsversorgung im Kontext von Kosten und Demografie“ lieferte Prof. Dr. Hecken außergewöhnlich tiefgehende fachliche Einblicke, die er mit statistischen Analysen untermauerte. Mit Leidenschaft und klarer Überzeugung trug er seine Argumente vor.

Auch Prof. Hecken hob die Begriffe Zeitenwende und Kriegstüchtigkeit heraus. Dabei stellte er heraus, dass eine klare Corporate Identity für den Sanitätsdienst essenziell sei – eine Corporate Identity, welche dazu beiträgt, sagen zu können „das ist meine Heimat. Hier habe ich eine Gruppe und eine Truppe, die sich eben der Humanitas verschrieben hat und hier werde ich eben nicht nur wertgeschätzt, sondern hier kann ich die exzellenten Kenntnisse, die ich habe, in die Versorgung einbringen.“ Nur durch eine starke Identifikation könne es langfristig gelingen, das notwendige Personal zu gewinnen und den Auftrag zu erfüllen. Wenn es darauf ankommt, seien das zivile Gesundheitswesen sowie der Sanitätsdienst der Bundeswehr gefordert, rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr im Einsatz zu sein. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sei es von entscheidender Bedeutung, die Resilienz im Gesundheitswesen zu stärken, insbesondere das Durchhaltevermögen bei langanhaltenden Belastungssituationen.

Darüber hinaus unterstrich er die Wichtigkeit einer strukturierten Zusammenarbeit – über Bundesländergrenzen hinweg sowie zwischen ziviler Seite und Bundeswehr. „Wir müssen miteinander sprechen, um eben optimierte gemeinsame Konzepte zu entwickeln, aus denen dann auch beide Seiten profitieren können“, betonte Hecken. Dabei sei die Verpflichtung zur Humanitas und zum Schutz von Leib, Leben und Gesundheit der Menschen eine gemeinsame Basis, unabhängig vom spezifischen Auftrag. Abschließend erklärte er: „Sie im Rahmen Ihres Auftrages – ich im Rahmen meines Auftrages. Und wir gemeinsam im Rahmen eines gemeinschaftlichen Auftrages.“

Mit Auszügen in freier Variation aus dem ersten Satz von Beethovens Tripelkonzert und den von Oberstabsbootsmann Stefanie Hippler eindrucksvoll gesungenen Hymnen klang die Kongresseröffnung aus.Mit Auszügen in freier Variation aus dem ersten Satz von Beethovens Tripelkonzert und den von Oberstabsbootsmann Stefanie Hippler eindrucksvoll gesungenen Hymnen klang die Kongresseröffnung aus.

Wissenschaftliches Programm

Am Nachmittag des ersten Tages startete das wissenschaftliche Programm mit zahlreichen Workshops (z.B. zum Thema Mentoring und zum Einsatz künstlicher Intelligenz bei klinischen Entscheidungen), dem Besuch der Industrieausstellung und einer umfangreichen Poster-Präsentation mit insgesamt 46 Teilnehmenden, die sich auf den für Freitag, den 15. November 2024, terminierten Jurybesuch im Rahmen des Posterwettbewerbs vorbereiteten. Im Kongresssaal standen u.a. die Forschungsaktivitäten der NATO Science and Technology Organization (Dr. Blatny aus Norwegen), die Neufassung der NATO Principles of Medical Support (Oberstarzt Dr. Mayer) und das Thema „Katastrophenmedizin im Kriegsfall – was passiert auf ziviler Seite?“ (Dr. Follmann, DGKM) auf der Agenda. Die genannten Vorträge repräsentieren nur einen kleinen Ausschnitt aus der Fülle der Themen, die den ersten Kongresstag erst kurz vor 19.00h ausklingen ließen.

Am zweiten Kongresstag lebte der Kongressaal durch ein abwechslungsreiches Vortragsprogramm, das eine breite Palette an Themen bot. Die Beiträge umfassten aktuelle Forschungsergebnisse ebenso wie praxisorientierte Vorträge – viele widmeten sich dem diesjährigen Motto: „Der Sanitätsdienst als Key Enabler der Bündnis- und Landesverteidigung“. Insbesondere Fragen zur Kaltstartfähigkeit und Kriegstauglichkeit des Sanitätsdienstes standen im Fokus und regten zu Diskussionen an.

Wie auf allen Kongressen waren die Sitzungen der Arbeitskreise bestimmende Elemente. Jeder Arbeitskreis hatte ein eigenes Programm vorbereitet, das sich spezifischen Themen widmete und den Teilnehmenden Gelegenheit bot, tiefer in ihre jeweiligen Interessengebiete einzutauchen.

Young-Scientist-Poster-Award: Ein Format für den Nachwuchs

Am Nachmittag des zweiten Tages stand ein Novum auf dem Programm: Die Session für den „Young-Scientist-Poster-Award“. Dieses neue Format, das die bisherigen Posterpreise der klinischen und der Institutsforschung ersetzt, wurde ins Leben gerufen, um den wissenschaftlichen Nachwuchs gezielt zu fördern.

Der Award richtet sich an junge Sanitätsoffiziere und Wissenschaftler bis zu einem Alter von 32 Jahren und mit einem Dienstgrad bis maximal Oberstabsarzt, Oberstabsapotheker, Oberstabsveterinär, Major oder Regierungsrat. Die Bewertung erfolgt durch eine Jury, deren Urteil mit 75 % in die Gesamtwertung einfließt, sowie durch das Publikum, das 25 % der Bewertung übernimmt.

Die Vorträge fanden im großen Kongressaal statt. Damit wurde dem Nachwuchs eine Bühne geboten, die nicht nur Sichtbarkeit garantierte, sondern auch ein klares Zeichen setzte: Junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sollen nicht nur wahrgenommen, sondern aktiv gefördert werden. Der wissenschaftliche Leiter des Kongresses, Oberstarzt Prof. Dr. Steinritz, betonte die Intention, „den Nachwuchs in den Fokus zu stellen“. Zwar äußerte er den Wunsch nach einem in den kommenden Jahren noch besser gefüllten Auditorium, doch bereits jetzt zeigte sich die Bedeutung dieses Formats für die Nachwuchsförderung.

Das Interesse zur Teilnahme an der Session war groß: 17 Bewerbungen wurden eingereicht, von denen 10 zugelassen und 9 tatsächlich vorgestellt wurden. Die Themenvielfalt beeindruckte ebenso wie die rege Beteiligung der Institute, die mit mehreren Beiträgen vertreten waren.
Die Jury bestand aus drei Mitgliedern, darunter Oberstarzt Prof. Dr. Steinritz, und bewertete die Vorträge nach verschiedenen Kriterien.
Die Session für den Young-Scientist-Poster-Award zeigte die Vielfalt und Innovationskraft des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Vorträge reichten von visionären Projekten wie „STRESS“, das mittels Serious Gaming eine Brücke zwischen virtuellen Welten und realen militärmedizinischen Übungen schlägt, bis hin zu hochaktuellen Ansätzen wie der Nutzung von Bakteriophagen, die gezielt in die Rettungskette integriert werden könnten.

Auch praxisorientierte Forschung fand ihren Platz: Ein Beitrag über „Food & Water Defense“ zeigte, wie aus Laborergebnissen ein operatives Lagebild erstellt werden kann, während eine Präsentation zur kriminologischen Triage durch einen Feldjägeroffizier verdeutlichte, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit neue Perspektiven eröffnen kann. Von der Hochdurchsatzsequenzierung in der Radiobiologie bis zur Entwicklung innovativer Dekontaminationsprozesse wurde ein faszinierender Bogen zwischen Theorie und Praxis gespannt – eine echte Bereicherung für das Kongressprogramm.

Nach intensiver Beratung und Publikumsvotum standen die Preisträger fest. Der erste Young-Scientist-Poster-Award der DGWMP e.V. wurde im Rahmen des Festabends verliehen. Oberstarzt Prof. Dr. Steinritz betonte dabei in seiner kurzen Ansprache, dass die Vorträge „herausragend“ gewesen seien und man bei der Bewertung die zweite Dezimalstelle hätte bemühen müssen.

Preisträger waren:

  1. Platz

Stabsarzt Jan Klaas Janßen

„Nachweis von Francisella tularensis mittels rekombinanter Reporterfusionsproteine“

 

 

 

 

 

2. Platz

Stabsapotheker Amelie Schwab

Systematische Evaluierung von Dekontaminationsprozessen des hochtoxischen Nervenkampfstoffs VX anhand eines modifizierten Ellman-Assays“

 

 

 

  1. Platz

Stabsveterinär Jana Stender

„Therapeutische Bakteriophagen im Galleria mellonella-Infektionsmodell“

Die Preisverleihung erfolgte im Rahmen des Gesellschaftsabends am Freitagabend.

 

Heinz Gerngroß-Förderpreis 2024

Ein weiteres Highlight des zweiten Kongresstages war der Wettbeweg um den Heinz Gerngroß-Förderpreis 2024 Einen Bericht über das traditionelle Nachwuchsforum der DGWMP e.V. finden sie hier.

Festabend

Bevor am letzten Kongresstag (Samstag, den 16. November 2024) der Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Generaloberstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann, seinen Lagevortrag hielt, begingen die Teilnehmenden den traditionellen Festabend des Kongresses.

Höhepunkte waren die Verleihungen des Young-Scientist-Poster-Award und des Heinz Gerngroß Förderpreises – für die Sieger und auch für alle an den Wettbewerben Teilnehmenden, die zu dem Abend eingeladen waren, ein sicher über lange Zeit in Erinnerung bleibendes Ereignis.

Fachgesellschaften wie die DGWMP e.V. können ohne das Engagement ihrer Mitglieder ihre Aufgaben nicht erfüllen. Die DGWMP e.V. ehrt in jedem Jahr Mitglieder, die sich besonders um die Gesellschaft verdient gemacht haben, mit der Verleihung der Plakette „Pro Meritis“. Der Präsident der DGWMP e.V., Generalstabsarzt a.D. Dr. Schoeps, zeichnet in diesem Jahr

  • Oberstarzt a. D. Dr. Friedhelm Siebert
  • Oberfeldarzt Dr. Guido Mühlmeier
  • Oberstabsarzt Dr. Sonja Förster
  • Stabsfeldwebel Patrick Förster

mit der Plakette aus.

Die gute Stimmung der Anwesenden und das Engagement prominenter Losverkäuferinnen und -verkäufer stellten den Verkauf aller Tombolalose sicher, die den Gewinn attraktiver gestifteter Preise in Aussicht stellten. So kam ein guter vierstelliger Betrag zusammen, der von der DGWMP e. V. auf 6000,- Euro aufgerundet wurde. Das Geld ging zu gleichen Teilen an das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e.V., den Förderverein zur Unterstützung der Arbeit mit Versehrten am Standort Warendorf (FUAV) und dem Bundeswehrsozialwerk.

Lagevortrag Generaloberstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann

Der Befehlshaber des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr und Stellvertretende Befehlshaber des Unterstützungskommando der Bunderwehr, Generaloberstabsarzt Dr. Ralf Hoffmann, eröffnete am Samstagmorgen mit einem eindrucksvollen Vortrag den letzten Kongresstag. „Wir sind schon ein Sanitätsdienst, der es drauf hat“ stellte er mit einigem Stolz fest.

Seine 12 Punkte umfassende Agenda war hinter ihm eingeblendet. Sie bildeten das Gerüst für seinen einstündigen Vortrag, der die Zuhörer bis zur letzten Minute fesselte. Sie werden im Folgenden kurz angerissen.

Der erste Punkt, Bundeswehr und Sanitätsdienst, hob die entscheidende Rolle des Sanitätsdienstes hervor. Dr. Hoffmann stellte klar, dass der Sanitätsdienst zusammen mit den „scharfen Waffen“ als zentrale Determinante für den Erfolg einer Kampagne fungiert, und knüpfte damit an die Festrede von Prof. Hecken an. Im Zuge der jüngsten Umstrukturierungen habe ein „Kassensturz“ deutlich gemacht, dass insbesondere bei den „Enablern“ erhebliche Lücken bestehen. Während der Fokus oft auf die „scharfe Seite der Streitkräfte“ gerichtet wurde, seien andere Bereiche vernachlässigt worden. Dabei sieht er den Sanitätsdienst der Bundeswehr im Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung jedoch als einen bereits leistungsfähigen Akteur.

Im zweiten Punkt, Mission und Einsätze, betonte Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann die weltweit einzigartige Rettungskette des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, die von der Frontlinie bis zur Rehabilitation reicht. Er unterstrich, dass diese umfassende Versorgung nur noch in wenigen Ländern existiere. Dabei verwies er auf das Medical Manifesto, das mit „Forderungen zur Stärkung der sanitätsdienstlichen Leistungsfähigkeiten der NATO-Staaten“ erstellt wurde. Leider handele es sich bisher lediglich um ein Krisenpapier, dessen Umsetzung in den Händen der einzelnen Länder liege. Ein funktionierendes System dieser Art sei jedoch für die Landes- und Bündnisverteidigung unerlässlich.

Dr. Hoffmann wies auf die Schwächen in Bezug auf die vorhandenen Ressourcen hin: Zwar verfüge der Sanitätsdienst über eine funktionierende Fähigkeit, doch diese sei quantitativ zu schwach ausgeprägt. Besonders vor dem Hintergrund der drängenden Frage, „Was ist, wenn es heute Nacht losgeht?/Fight Tonight!“, müsse dringend gehandelt werden. In der Bundeswehrführung spüre man bisweilen Tendenzen, den Sanitätsdienst „klein zu halten“, was Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann mit deutlichen Worten kritisierte: Dies sei überhaupt nicht im Interesse der zukünftigen Patientinnen und Patienten. Er sprach sich nachdrücklich dafür aus, den Sanitätsdienst auf allen Ebenen präsent zu halten und als unverzichtbaren Bestandteil eines ausgewogenen Systems der Streitkräfte zu etablieren. Die Ressource Mensch sei in den Streitkräften zentral. Die Durchhaltefähigkeit der Streitkräfte in einem länger andauernden Konflikt hänge maßgeblich von der Leistungsfähigkeit des Sanitätsdienstes ab. Zwei Schlüsseldokumente, der „Osnabrücker Erlass“ und die „Führungsweisung des Generalinspekteurs der Bundeswehr“, seien entscheidend für die weitere Ausgestaltung und Eigenständigkeit des Sanitätsdienstes. Sie gäben dem Sanitätsdienst die Möglichkeit, die eigene Zukunft aktiv mitzugestalten.

Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann betonte auch die Rolle des Sanitätsdienstes in der Humanitären und Katastrophenhilfe. Hier verfüge man über wertvolle Fähigkeiten, die bei Bedarf abgerufen werden könnten. Gleichzeitig hob er hervor, dass der Sanitätsdienst in der Landes- und Bündnisverteidigung eigenständige Einsatzführungsstrukturen aufbauen müsse. In rein sanitätsdienstlichen Einsätzen liege die Verantwortung beim Unterstützungskommando, das hierfür eine eigene Operationsabteilung geschaffen habe.

Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann rief nachdrücklich dazu auf, den Sanitätsdienst stets sichtbar zu machen und seine Notwendigkeit zu betonen. „Immer wieder auf die Notwendigkeit des Sanitätsdienstes hinweisen“ sei hier der Auftrag.

Herausforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung (LVBV) wurden als dritter Agenda-Punkt vorgestellt. Die geopolitischen Entwicklungen, insbesondere der russische Überfall auf die Ukraine, hätten neue taktische und logistische Herausforderungen aufgezeigt, etwa den Einsatz von Drohnen und Abstandswaffen. Die Erfahrungen der Kräfte in Litauen könnten bereits dazu beitragen, die Bedeutung von Eigenständigkeit und Eigenverantwortung zu verdeutlichen

Im vierten Punkt, Bundeswehr der Zukunft, legte Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann dar, dass der Sanitätsdienst als geschlossener Block agieren müsse, um die gesamte Rettungskette effektiv und aufeinander abgestimmt zu gestalten. „Das ist, glaube ich, leicht zu verstehen, denn wenn wir die Verantwortung haben für die gesamte Rettungskette, dann können wir sicherstellen, dass es sich dabei auch um ein aufeinander abgestimmtes System handelt.“ Eine Gesamtverantwortung für diesen Prozess sei aus seiner Sicht essenziell, um die Leistungsfähigkeit des Sanitätsdienstes der Zukunft sicherzustellen.

Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann betonte jedoch, dass die jüngsten Umstrukturierungen Herausforderungen mit sich gebracht hätten, insbesondere den Verlust von Eigenständigkeit. Dennoch müsse es gelingen, „trotz dieser Entscheidung oder gerade wegen dieser Entscheidung, […] einen Sanitätsdienst der Zukunft aus[zu]gestalten, der auch funktioniert.“ Die Entscheidung bezüglich der Umstrukturierung sei gefallen, und nun gehe es darum, „weg von Befindlichkeiten und hin […] zu einer Auftragsausrichtung“ zu kommen.

Er unterstrich die Bedeutung von Verantwortung – sowohl in Bezug auf Material und Beschaffung als auch auf die eigenen Bedürfnisse des Sanitätsdienstes. „Das ist wesentlich. Solche Verantwortungen müssen entsprechend umgesetzt und durchgesetzt werden.“ Sichtbarkeit, Präsenz und Organisationsverantwortung seien dabei Schlüsselbegriffe, die den Sanitätsdienst in seiner Rolle stärken würden.

Auch das Thema Personal spielte eine wesentliche Rolle in der Rede von Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann. Er sprach offen über die bestehenden Herausforderungen und betonte, dass die Bundeswehr deutlich mehr Personal benötige, um den Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung gerecht zu werden. „Wir sind weit davon entfernt, ein wirklich voll funktionierendes System zu haben“, stellte er klar. Besonders in den regionalen sanitätsdienstlichen Einrichtungen sei die Präsenz von Personal problematisch. „Mit dem, was wir haben, und unserem Anspruch, was wir gerne machen würden – hier klafft eine vor allem quantitative Lücke. Die werden wir nicht schließen können

Um dennoch handlungsfähig zu bleiben, sei es notwendig, vorhandene Kräfte gezielt einzusetzen. „Ich werde das, was da ist, dann eben verteilen müssen“, erklärte Dr. Hoffmann, und fügte hinzu, dass es trotz mangelnder personeller Ressourcen wichtig sei, Reserven zu haben, um diese dann eben im Schwerpunkt des Gefechts Reserven auch einsetzen zu können.

Trotz der Schwierigkeiten unterstrich Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann eindringlich, dass die Standards für die sanitätsdienstliche Versorgung nicht gesenkt werden dürften. „Wir müssen doch den Anspruch haben […], dass wir für unsere Patientinnen und Patienten möglichst gute sanitätsdienstliche Versorgung machen können.“ Diesen hohen Anspruch an die Qualität gelte es zu verteidigen – auch, wenn schwierige Umstände die Arbeit herausforderten. „Wir leben in der Lage, wir machen das Beste draus“, so Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann.

Besonders wichtig sei, dass der Sanitätsdienst der Bundeswehr weiterhin Verantwortung übernehme, insbesondere in Einsatzräumen. „Viele meiner Kräfte […] werde ich in den Einsatz auch bringen müssen, um dort zu unterstützen, denn im Einsatzraum wird es keiner für uns machen. Punkt, Ausrufezeichen.“

In Bezug auf die zivil-militärische Zusammenarbeit betonte Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann die Notwendigkeit, belastbare Systeme zu etablieren, die im Bedarfsfall reibungslos und effektiv funktionieren. Wir müssten „…das Ganze jetzt, wo wir noch Zeit dafür haben, planen und festlegen“, sagte er. Besonders wichtig sei es, diese Zusammenarbeit im Vorfeld zu organisieren – „Ich kann es mir nicht leisten, bei einem sich schnell entwickelnden Szenario einer krisenhaften Entwicklung dann zu improvisieren“, unterstrich Dr. Hoffmann

Er wies zudem auf die zunehmende Bereitschaft auf ziviler Seite hin, die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr zu finanzieren und gemeinsame Übungen zu organisieren. Dies sei ein Schritt hin zu einer gesamtstaatlichen Verantwortung, die es ermögliche, die Ressourcen und Kapazitäten optimal zu nutzen, um in Krisenzeiten schnell und effektiv reagieren zu können.

Ein weiteres zukunftsweisendes Thema war die Digitalisierung im Sanitätsdienst, insbesondere im Hinblick auf optimierte Dokumentationsprozesse und elektronische Patientenakten.

Auch die Reserve im Sanitätsdienst stand im Fokus. Mit knapp 5 000 Reservistinnen und Reservisten sei die Ressource zwar vorhanden, jedoch müssten Aufgaben klarer verteilt und ein besserer Überblick über verfügbare Kompetenzen geschaffen werden. Neben der Reserve erwähnte Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann hier auch die Militärmusik, welche in ihrer zweiten Funktion Teil des Sanitätsdienstes ist.

Die Weiterentwicklung der Bundeswehrkrankenhäuser war ein weiterer wichtiger Punkt in Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann‘s Rede. Er sprach über das KVVG-Gesetz, das sich derzeit in der Abstimmung befindet, und nannte vier zentrale Forderungen, die in diesem Gesetz verankert werden sollen. Zum einen solle eine ständige Integration der Bundeswehrkrankenhäuser in die Bettenpläne gewährleistet werden. Zweitens sollen die Leistungsgruppen in der Lage sein, die Anschlussfinanzierung eigenständig festzulegen. Ein dritter Punkt sei die Erleichterung von Kooperationen mit Partnern, um die Zusammenarbeit mit zivilen Einrichtungen zu intensivieren und zu optimieren. Schließlich wurde die Forderung erhoben, dass Kassenpatienten im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten ambulant behandelt werden dürften.

Zum Thema Kohäsion sprach Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann direkt das Verhältnis zwischen Sanitätsdienst und Truppe an. Er betonte: „Wir sind Partner der Streitkräfte und wollen das auch sein.“ Es sei entscheidend, dass diese Partnerschaft gestärkt werde, da der Schulterschluss mit der Truppe in der Vergangenheit an einigen Stellen verloren gegangen sei. Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann betonte, dass es klar sein müsse, dass der Sanitätsdienst ein integraler Teil des Teams der Streitkräfte ist. Er sprach auch die Wahrnehmung durch die Truppe an, die von entscheidender Bedeutung sei. Zum Abschluss forderte er das Plenum auf, diese Botschaft als Auftrag zu verstehen und aktiv an der Verbesserung der Kohäsion mit der Truppe zu arbeiten.

Die internationale Zusammenarbeit betrachtete Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann als strategischen Vorteil, der durch fachlichen Austausch und gemeinsame Projekte weiter ausgebaut werden sollte. Ziel sei es, „Win-Win-Situationen“ anzustreben und so alle beteiligten Seiten weiterzubringen. Sprachkenntnisse seien hierbei kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit.

Abschließend fasste Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann in einem Ausblick die mannigfaltigen Herausforderungen und Chancen zusammen: „Die Zeit rennt“, erklärte er, „wir haben keine Zeit zu scheitern.“ Die Absicht sei dabei ganz klar: „Das Ziel muss es jetzt sein, mit den Vorgaben, die wir haben, den Sanitätsdienst voranzubringen und zum Erfolg zu bringen“ Mit einem Appell an den Zusammenhalt schloss er seine Rede: „Gemeinsam sind wir stärker.“

Klare Worte, brillant auf den Punkt gebracht und fühlbar „aus dem Herzen gesprochen“ – einen besseren Abschluss des Kongresses hätte man nicht finden können. Die Zuhörenden würdigten Generaloberstabsarzt Dr. Hoffmann mit stürmischem Applaus und Standing Ovations.

Fazit und Ausblick

Monatelange Planung und Vorbereitung haben sich gelohnt – so das übereinstimmende Fazit der Teilnehmenden und Organisatoren. Augsburg brachte Vorträge auf hohem fachlichem Niveau, spannende Wettbewerbe und angeregte fachliche Diskussionen. Für Angehörige aller Fachrichtungen und Approbationen und der medizinischen Fachberufe wurde etwas geboten. Gerade die Vernetzung in der Multidisziplinarität ist das entscheidende Merkmal der DGWMP e.V. Sie ist damit in fachlicher Hinsicht ein Spiegelbild des Sanitätsdienstes und immer wieder Motor für Innovationen. Der 55. Jahreskongress kann als voller Erfolg bewertet werden.

Wer nicht dabei sein konnte, möge sich eine Teilnahme im Jahre 2025 am dann 56. Jahreskongress der DGWMP e.V. vom 30. Oktober bis 1. November in Papenburg fest vornehmen. Es lohnt sich.

Leutnant SanOA Sophia Nitsche
DGWMP e. V.